Alternative Fakten und Unwahrheiten – ist dies wirklich das CDU-Wahlprogramm?

Wir als Dillenburger GRÜNE freuen uns ja, dass uns die CDU in ihrem Wahlprogramm so ausführlich bedenkt. Gleich doppelt so oft wie über die SPD echauffiert man sich über uns – was vor allen Dingen zeigt, dass wir mit unserer Kritik an der CDU-Politik in Dillenburg oft genug ins Schwarze treffen.

Uns wäre aber lieber, wenn wir in der politischen Diskussion bei den Fakten bleiben könnten. Gerne gehen wir unseren christdemokratischen Mitbewerbern dabei zur Hand und korrigieren die Falschaussagen in deren Wahlprogramm:

„Die ideologische Abneigung von SPD und insbesondere Grünen gegenüber Investoren hat uns in den vergangenen Jahren wieder große Chancen in der Stadtentwicklung gekostet und so eine Belebung der Innenstadt verhindert. Man versuchte uns das Hessische Landgestüt zu nehmen, Grüne und SPD stellten sich gegen das Fachmarktzentrum auf der Bleiche, die Landesgartenschau 2027 soll, wenn es nach den Dillenburger Grünen geht, nicht bei uns stattfinden und auch bei der für uns als Standort so wichtigen Errichtung von Gewerbegebieten stellen sich die Grünen quer.“

Weder die Sozialdemokraten noch wir GRÜNE haben eine Abneigung gegen Investoren, sondern fordern immer wieder die nötige Transparenz und Fairness bei der Vergabe von Aufträgen oder dem Verkauf von Grundstücken ein. Auch haben wir nicht versucht, der Stadt das Hessische Landesgestüt „zu nehmen“. Als Dillenburger GRÜNE haben wir uns in jeder Sitzung immer hinter den Erhalt des Gestüts gestellt, und sind damit bewusst auf Distanz zu unserer Umweltministerin gegangen. Übrigens könnte man auch darüber sprechen, dass die CDU schon weit früher über die Bestrebungen auf Landesebene informiert war und sich nicht gekümmert hat. Aber Schuldzuweisungen bringen hier nichts, der einfache Fakt ist: alle Dillenburger Parteien haben hier an einem Strang gezogen und am Ende den Kompromiss mitgetragen.

Das Fachmarktzentrum halten wir in der Tat weiterhin für eine unkluge Schwächung der Dillenburger Innenstadt – in der wir jetzt zum Beispiel nicht mal mehr einen Lebensmittelmarkt ansiedeln könnten, wenn wir wollten, weil damit die maximale Verkaufsfläche für Lebensmittel in der Kernstadt ausgereizt ist.

Die Landesgartenschau wollen wir wirklich nicht, weil wir im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen in der Lage sind, die exorbitanten Kosten auszurechnen und wissen, dass wir uns das schlicht nicht leisten können (die SPD wird hier zu Unrecht an den Pranger gestellt, die zieht lieber fleißig mit). Gerne greifen wir aber die Ideen aus der wirklich gelungenen Studie auf, die bezahlbar sind und etwas bringen – erst recht da uns so manche davon aus unseren letzten Wahlprogrammen mehr als bekannt vorkommen.

Bevor wir uns den Gewerbegebieten zuwenden zunächst zum Sport.

„Die CDU Dillenburg steht für den Erhalt der vielen Sportstätten, ob Schwimmbad, Halle, Fußball- oder Tennisplatz. Im Gegensatz zu den von Bündnis90/Die Grünen angestrebten Kürzungen in diesem Bereich, aber vor allen Dingen bei den Bädern, wollen wir nicht bloß erhalten, sondern das Angebot erweitern.“

Nur bei einem einzigen Punkt hat die CDU hier Recht: Wir GRÜNEN waren immer skeptisch, ob wir uns die Aquarena wirklich leisten können. Und wir sollten damit Recht behalten, denn nicht nur braucht unser Riesen-Schwimmbad einen jährlichen Zuschuss von mehr als 650.000 € – nein, die bereits jetzt nötige Sanierung wird weitaus mehr als 5,5 Millionen € verschlingen. Dass wir irgendwo sonst den Sportvereinen Unterstützung verweigern würden, ist die glatte Unwahrheit. Wir haben immer wieder betont, dass wir die Unterstützung sogar ausbauen und auf eine für alle Vereine fairere Basis stellen wollen.

Und wenn wir schon über Fairness nachdenken, ist der Schritt zu den Bürgerrechten nicht mehr weit. Die CDU verbreitet in diesem Zusammenhang unnötige Panik und schürt damit untergründige Ängste.

„Es ist die ureigenste Aufgabe staatlicher Gewalt, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in unseren Städten und Gemeinden vor Gewalt und Kriminalität zu gewährleisten. Denn sowohl das subjektive Sicherheitsgefühl, als auch die objektive Sicherheitslage spielen eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der Lebensqualität in der Kommune, aber auch der Standortqualität für Einzelhandel und Wirtschaft. Dabei ist festzustellen, dass sich die objektive Sicherheitslage verschlechtert und das subjektive Sicherheitsgefühl dementsprechend noch viel stärker in Mitleidenschaft gezogen wurde. Bereits in der Vergangenheit gab es den Vorstoß der CDU Dillenburg den Magistrat prüfen zu lassen, an welchen Stellen es sinnvoll wäre eine Videoüberwachungsanlage zu installieren. Dies ist leider an den ideologischen Standpunkten von SPD und Grünen gescheitert.“

Zuerst einmal ist es schon bezeichnend, wenn das Eintreten für Bürgerrechte immer wieder als Ideologie bezeichnet wird. Es mag für die CDU ja überraschend sein, aber wer für seine Positionen voller Überzeugung eintritt, ist beileibe nicht verrückt. Ganz im Gegenteil ist es aus unserer Sicht das, was gute Politik ausmacht. Wenn man das schon als Ideologie bezeichnet, lässt das für die eigenen Inhalte wenig hoffen.

Die Behauptung, in Dillenburg habe sich die „objektive Sicherheitslage verschlechtert“, ist objektiv einfach falsch. Zwar gibt es keine genauen Zahlen für Dillenburg, aber die Polizeidirektion Lahn-Dill berichtet in ihrer Kriminalstatistik 2019 aus dem April 2020: „Von 2010 an hat sich im 10-Jahresvergleich die Zahl der Straftaten mit 10.758 Fällen um 1.977 bzw. um fast 20 Prozent reduziert.“ Bisher haben wir noch auf jede unserer Fragen, woher die CDU einen gegenteiligen Eindruck begründen will, keine Antwort bekommen. Dass daraus im Wahlprogramm jetzt einfach alternative Fakten werden, lässt tief blicken.

Und in der Sache bleiben wir natürlich weiterhin bei unserer Ablehnung von Videoüberwachung. Wir lassen uns kein Gefühl der Verunsicherung herbeireden, Eingriffe in die verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechte wird es mit uns nicht geben.

Damit sind wir bei den angekündigten Gewerbegebieten.

„Leider verhindern SPD und Bündnis 90/Die Grünen seit Jahren die Ansiedlung neuer Unternehmen durch eine Verweigerungshaltung gegenüber Gewerbegebieten und Neubaugebieten. Nicht zuletzt war es die Weigerungshaltung dieser beiden Parteien, die die Umsetzung des Neubaus auf dem Maibachgelände vorerst zum Scheitern brachte. Wir setzen alles daran, dass dieses Projekt umgesetzt wird.“

Wir waren und sind gegen die Gewerbegebiete in der Frohnhäuser Langaar und im Manderbacher Hellrain, das ist völlig richtig. In beiden Fällen geht es für uns um den Umweltschutz wertvoller Biotope und/oder Überschwemmungsflächen und die Frischluftschneise, von der unsere Stadt lebt. Wir sind aber überhaupt nicht grundsätzlich gegen neue Gewerbegebiete und haben das immer so klargemacht. So haben wir noch im Juni beim angestrebten Beschluss zum Hellrain vorgeschlagen, die Beauftragung eines Umweltgutachtens für ein Gewerbegebiet in der Frohnhäuser Lingeswies am Ortsausgang Richtung Wissenbach vom Vorgehen in Sachen Hellrain zu trennen; dem hätten wir auch zugestimmt. Das wollte allerdings die CDU nicht.

Auch wir sehen die Notwendigkeit von Gewerbesteuereinnahmen, selbst wenn wir uns auf Bundes- und Landesebene eine andere Bewertung der finanziellen Ausstattung von Kommunen wünschen. In unserem Antrag von November, mit dem wir die Aufhebung des Bebauungsplans am Manderbacher Hellrain aufheben lassen wollten, haben wir sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir offen für die Prüfung weiterer Gewerbegebiete sind. Hier hat aber das Regierungspräsidium klar festgestellt: Das können wir erst prüfen, wenn der Bebauungsplan weg ist. Dass sich die CDU aber weiterhin auf die unnütze Position stellt, „Wir brauchen dieses Gewerbegebiet, selbst wenn es an der Stelle gar nicht geht“, ist also die eigentliche Verhinderungstaktik.

Auch der Vorwurf zum Maibachgelände ist völlig aus der Luft gegriffen. Fakt ist: Wir haben in absolut jedem Beitrag dazu immer wieder gesagt, dass wir für die Ansiedlung von Artemis sind. Einzig dem Verkauf ohne eine Ausschreibung – und noch dazu an einen CDU-Stadtverordneten – hätten wir unsere Zustimmung verweigert. Und wenn man ganz ehrlich ist, ist dies doch mehr im Interesse der CDU als in unserem. Die Christdemokraten haben immer wieder betont, dass dadurch zu viel Zeit verloren ginge und Artemis abwandern könnte. Und wir haben ganz sachlich erwidert: So lange, wie wir uns jetzt schon um das Verfahren die Köpfe heiß reden, hätten wir die Ausschreibung längst durchziehen können. Dass Artemis selbst dann die Bremse gezogen hat, hat uns überrascht, und wir mussten es so akzeptieren. Aber wir hoffen weiterhin darauf, dass Artemis die Bremse wieder löst und es mit einem offenen, transparenten Verfahren weitergehen kann.

Abschließend sind wir in der Tat gegen die Ausweisung von neuen Baugebieten, wenn dort a) entweder zu stark in die Natur eingegriffen würde oder b) in den Ortskernen bereits jetzt Leerstand zum Problem wird und sich dieses in den kommenden Jahren wegen des demographischen Wandels sogar noch verstärken wird. Wir haben genug Platz zur Schaffung weiteren Wohnraums, aber dazu braucht es mutigere Schritte, als die Stadtteile immer weiter zu vergrößern, während ihre Mittelpunkte zu verkümmern beginnen.

Zu diesen Unwahrheiten gesellt sich damit auch die bewusste Erweckung eines falschen Eindrucks.

„So ist die Ortsumgehung Frohnhausen/Wissenbach eines unserer wichtigsten Projekte in der Verkehrspolitik. Bisher haben wir es geschafft in den „Vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplanes zu kommen. Jetzt ist es unsere Aufgabe, dass man in Wiesbaden mit den Planungen beginnt. Dabei ist es durchaus ein Problem, dass Bündnis 90/ Die Grünen die Dietzhölztalbahn reaktivieren wollen und so eine Hürde bei der Planung der Trasse für die Ortsumgehung schaffen. Die CDU Dillenburg setzt sich mit aller Kraft für die Ortsumgehung Frohnhausen/Wissenbach ein, denn nur diese ist in der Lage Frohnhausen gerade auch im Hinblick auf den Schwerlasttransport zu entlasten.“

Auch hier werden die Fakten stark verdreht. Es ist zwar richtig, dass wir für die Prüfung waren und sind, ob die Dietzhölztalbahn reaktiviert werden kann. Aber wir haben gleichzeitig immer wieder betont, dass wir eine ergebnisoffene Prüfung wollen und die Überlegungen zur Ortsumgehung Frohnhausen/Wissenbach in keiner Weise behindern. Wie auch für den Verein Dietzhölztalbahn e.V. geht es für uns um ein Miteinander von Straße und Schiene, nicht darum dies gegeneinander auszuspielen. Übrigens weiß auch die Dillenburger CDU genau, dass die Planungen bereits im Gange sind und es vollständig außerhalb der Dillenburger Zuständigkeit liegt, wie diese ablaufen werden. Denn selbst wenn die Stadtverwaltung nun formal zum Träger der Planung bestimmt worden ist: es bleibt ein Bundesprojekt.


8 wichtige Stadtentwicklungsprojekte auf 24 Seiten Programm, bei denen die CDU sich statt sachlich-konstruktiver Argumente mit der Verdrehung von Tatsachen bemüht, Profil zu gewinnen – Das lässt tief blicken, auf welchem Niveau die CDU Dillenburg die politische Auseinandersetzung führen möchte. Von bürgerlichen Werten ist da nicht viel zu erkennen und man muss sich schon fragen, wie wenig die CDU eigentlich von ihren Wählerinnen und Wählern hält, wenn sie nur so eine Aussicht auf Erfolg sieht.

Wir konzentrieren uns lieber darauf, sauber zu argumentieren und in unserer Suche nach den besten Lösungen für die Stadt immer auch im Blick zu behalten, dass wir für die Zukunft eine intakte Natur und einen tragfähigen Haushalt hinterlassen. Erfahren Sie mehr dazu, wenn wir in den nächsten Wochen unser Wahlprogramm veröffentlichen werden.