Alle Planungen über die zukünftige Gestaltung im Bereich Karlsplatz / Konrad-Adenauer-Allee stehen und standen unter dem Motto „Dillenburg nach dem Schlossbergtunnel“ – eine Planungsaufgabe, die nach Antworten sucht, wie ein großes und wichtiges Gebiet der Kernstadt im Interesse einer zukunftsweisenden und nachhaltigen Stadtplanung entwickelt werden kann.
Bereits in den 1990er Jahren haben die Grünen immer wieder gefordert, entsprechende Konzepte frühzeitig anzugehen. Und im Jahre 2002 veranstalteten wir eine Podiumsdiskussion in der Stadthalle, in der der Planungsbedarf mehr als deutlich wurde. Mehrheitsfraktionen und Verwaltung sind unseren Vorschlägen jedoch nur eingeschränkt gefolgt; eine Arbeitsgruppe hat nur eingeschränkt arbeiten können.
Maßstäbe der Überlegungen waren immer der Wille,
- einen breiten und umfassenden Diskussionsprozess über diese Zukunftsaufgaben anzustoßen;
- verschiedene Entwicklungsalternativen ergebnisoffen und ohne (Zeit-)Druck zu prüfen;
- sicherzustellen, dass sich Bausünden der Vergangenheit nicht wiederholen;
- die unmittelbar betroffenen Anwohner des Wohnquartiers in die Planungen einzubeziehen und Ergebnisse mit und nicht gegen sie zu erreichen.
Mit dem Projekt einer weitgreifenden Einkaufsgalerie läuft Dillenburg Gefahr, diese Leitlinien zu verlassen und mit Mechanismen alter Tage im Schnellverfahren und ohne sorgfältig differenzierte Prüfung eine neuerliche Planungs- und Bausünde zu begehen. Viele der mit ähnlicher Euphorie gefeierten Projekte der 1970er Jahre und die damit verbundene Beseitigung wertvoller Bau- und Planungssubstanz werden heute – zu Recht – als klassische Fehlentscheidungen einer verfehlten „Betonpolitik“ angesehen. Es scheint, als ob die Einsicht, aus solchen Fehlern der Vergangenheit lernen zu wollen, verloren gegangen ist. Es bestehen aktuell mehr als Zweifel, ob die funktionale Architektur einer modernen Einkaufsgalerie sich mit den historischen und städteplanerischen Anforderungen einer lebensfreundlichen Innenstadtgestaltung vereinbaren lässt.
Öffentlichkeit und Parlament wurden vom Umfang des Projekts und dem dahinter stehenden Zeit- und Entscheidungsdruck überrascht. Am 14. Juni 2007 erfolgte die erstmalige Präsentation gegenüber Bauausschuss und Ortsbeirat. Und an diesem Tag erfuhren Bevölkerung und Kommunalpolitik, dass die Entscheidung über das „Ob“ einer Einkaufs-Galerie faktisch am 5. Juli dieses Jahres fallen soll. Drei Wochen, einundzwanzig Tage Zeit, um über ein Projekt zu diskutieren, dessen Größenordnung und Bedeutung für Dillenburg und dessen Auswirkung auf die Lebensqualität insbesondere der Anwohner nicht hoch genug angesiedelt werden kann.
Die Grundlage dieses Vorhabens sind Vorstellungen über positive Auswirkungen auf Einzelhandel, Kaufkraftentwicklung und Wirtschaftskraft. All das wird gestützt auf ein sechs Jahre altes Gutachten, das in weiten Teilen die Gegenwart nicht mehr abbildet und dessen Erkenntnisse willkürlich herangezogen werden.
Der zentrale Fehler des überdimensionierten Großprojekts „Dill-Galerie“ ist sein unzureichender Ausgangspunkt: Einzig Kaufkraft, -abfluss und Konkurrenzmodelle gegenüber den Nachbarkommunen sind Grundlage und Argumentationsmotor für die Befürworter. Dies aber ist eine Abkehr von dem wichtigen Grundsatz, einzig Ideen einer nachhaltigen Gestaltung und einer erhöhten Lebensqualität zum Ausgangspunkt jeder Planung zu machen.
Die Grünen fordern, zu diesem Ausgangspunkt zurückzukehren. Einseitigen und mit heißer Nadel gestrickten Entwürfen ist eine klare Absage zu erteilen. Das bedeutet auch, so weit reichende Projekte nicht in drei Wochen durchzudrücken.
Eine Entwicklung im Bereich Karlsplatz/Konrad-Adenauer-Allee kann es nur mit und nicht gegen die Anwohner und gegen alle Dillenburger geben, die sich in dem Bereich wohl fühlen wollen. Die Versäumnisse der vergangenen Jahre, in denen keine ausreichenden Konzepte entwickelt wurden, dürfen nicht dazu führen, kurzfristigen Maßnahmen das Wort zu reden.
Die Diskussion über zukünftige Gestaltungsmöglichkeiten muss erst beginnen.